Teil 4: 1939 - 1947 und posthum

In den USA sind Richard Hönigswald und seine Familie in Sicherheit. 1941 nehmen sogar die amerikanische Staatsbürgerschaft an, doch heimisch wird der Philosoph in der Fremde nie. Zuflucht findet er in seinen Forschungen. Unermüdlich entwickelt er seine Philosophie weiter und verfasst zahlreiche Werke, denen "die Sonne Gutenbergs" jedoch erst nach seinem Tod 1947 scheinen sollte.

 

12.12.1939

An der Universität Scranton hält Richard Hönigswald seine Antrittsvorlesung über „Probleme der mittelalterlichen Philosophie“. Er bietet Seminare zu allgemeinen Problemen der Philosophie an und plant ein Seminar über die „Allgemeine Geschichte der Philosophie“ für das Sommersemester. Doch obgleich er hofft, die „angenehme, doch lockere Beziehung zu [dieser] kleinen Pennsylvanischen Universität“ zu  intensivieren, kommt es nicht dazu. Vielmehr löst er die Verbindung im Spätjahr 1940. Er sollte in der neuen Heimat nicht mehr Fuß fassen.

 

06.10.1941

Richard Hönigswald wird „der deutschen Staatsangehörigkeit für verlustig erklärt“. Mit dieser Ausbürgerung verbunden ist die Aberkennung der akademischen Grade. Während die Universität Halle ihm den Doktorgrad bereits drei Jahre zuvor entzogen hatte, sind in den Akten der Universität Breslau jedoch keine Hinweise darauf zu finden, dass diese Richard Hönigswald die venia legendi aberkannt hätte.

 

1944

Der Philosoph erhält mit seiner Familie die amerikanische Staatbürgerschaft.

 

1946

Die Schriften Richard Hönigswalds werden wieder publiziert. Bezeichnenderweise ist es ein Beitrag zur Festschrift für Fritz Medicus – „Homunculus. Eine Problemskizze zu Goethes ‚Faust’“ –, der den Anfang macht. In englischer Sprache erscheint nur eine kleine Abhandlung über die „Philosophy of Hegelianism“, ein weiterer Beleg dafür, dass der Philosoph in seiner neuen Heimat alles andere als heimisch geworden ist.

 

 1947

Hönigswald erhält Kenntnis von inoffiziellen Plänen der Universität München, ihn auf den Münchener Lehrstuhl zurückzuberufen. In Briefen an seine philosophischen Freunde deutet er jedoch an, dass er einen solchen Rückruf nicht nur aus persönlichen Gründen ablehne, sondern auch aus sachlichen. Zudem erscheine es ihm höchst zweifelhaft, ob eine akademische Zusammenarbeit mit den Duldern seiner zwangsweisen Ruhestandsversetzung möglich wäre.
Der Aktenlage ist nicht zu entnehmen, wie konkret die Pläne einer Rückberufung gewesen sind. Da Hönigswald noch im selben Jahr stirbt, kann sie nicht mehr ausgesprochen werden.

 

11.07.1947

Richard Hönigswald stirbt in New Haven (Connecticut) und wird am 13. Juli im Beaverdale Memorial Park, New Haven beigesetzt.

 

16.01.1948

Im Exil hat der Philosoph die Abhandlung zu „Wissenschaft und Kunst“ fertig gestellt. Sein Breslauer Schüler Alfred Petzelt bemüht sich darum, die Abhandlung als erstes Heft der Reihe „Wissenschaftliche Grundfragen“ herauszubringen, die Richard Hönigswald 1926 gegründet hatte. Der Felix Meiner Verlag richtet deshalb eine entsprechende Anfrage an den Kulturellen Beirat für das Verlagswesen, der im Nachkriegsdeutschland Publikationen genehmigen muss. Allerdings sind die Gutachter der Ansicht, dass die Erörterungen „sehr abstrakt“ seien, dem „Leser viel zu[muteten]“ und nur zu einem „mageren Ergebnis“ führten. Die Veröffentlichung wird abgelehnt.

 

1957-1977

Der Nachlass Richard Hönigswalds erscheint in einer zehnbändigen Edition, darunter 1961 als Band 4 auch die vorgenannte Abhandlung. Als die Bände 7 und 8 werden „Die Grundlagen der allgemeinen Methodenlehre“ 1969 bzw. 1970 veröffentlicht, in denen der Denker sein opus magnum sah.
Das Manuskript liegt bereits 1938 vor. Wahrscheinlich ist eine Publikation im Basler Verlag Haus zum Falken geplant, doch wird sie von den politischen Umständen vereitelt. Nach seiner Emigration bemüht sich Helmut Kaulla in Australien um eine Übersetzung ins Englische. Dem Versuch sind jedoch nicht zuletzt mit dem idiosynkratischen Charakter des Werkes Grenzen gesetzt.

 

 

Die ausführliche Darstellung der Biografie Richard Hönigswalds einschließlich der Quellennachweise findet sich in:

Roswitha Grassl: Der junge Richard Hönigswald. Eine biographisch fundierte Kontextualisierung in historischer Absicht, Würzburg 1998 (Studien und Materialien zum Neukantianismus, Bd. 13), S. 205-241.