Teil 3: 1919 - 1939

RH Emigration In Breslau etabliert sich Richard Hönigswald als Philosoph und füllt mit seinen Vorlesungen selbst die größten Hörsäle der Universität. Krönung seiner Laufbahn ist die Berufung an die renommierte Münchener Universität 1930. Mit der Machtergreifung Hitlers beginnt eine lange Leidenszeit des Gelehrten und seiner Familie, die schließlich 1939 in die USA emigrieren.

 

19.02.1919

Der Philosoph erhält das Eiserne Kreuz Klasse IIa am weißen Bande.

 

13.10.1921

Gertrud Hönigswald stirbt in Breslau an Lungentuberkulose.

 

30.01.1924

Einer der prominentesten Doktoranden Richard Hönigswalds ist Norbert Elias. Er wird mit der Arbeit „Idee und Individuum. Ein Beitrag zur Philosophie der Geschichte“ promoviert. Dies geht nicht ohne größere Auseinandersetzungen vonstatten. Denn der Doktorvater verlangt weit reichende Änderungen an der Arbeit, die der Doktorand zunächst ablehnt.
Insgesamt wirkt Richard Hönigswald in Breslau an 25 und in München, seiner späteren Wirkungsstätte, an fünf Promotionsverfahren mit. Er ist an sechs Habilitationsverfahren in Schlesien und an drei weiteren in Bayern beteiligt.

 

29.07.1929

Richard Hönigswald nimmt den Ruf an die Universität München an, wo er die Nachfolger Erich Becher antritt. Die Terna der Philosophischen Fakultät nennt neben Richard Hönigswald pari passu Ernst Cassirer, an zweiter Stelle Nicolai Hartmann.
In München trifft der Philosoph einige Breslauer Kollegen, die diesen Schritt vor ihm getan haben.

 

31.03.1930

Hönigswald scheidet aus der Universität Breslau aus. Als sein Nachfolger wird Siegfried Marck berufen. Seine Ernennung ist primär politisch motiviert und wird gegen den Widerstand der Philosophischen Fakultät seitens des preußischen Ministeriums durchgesetzt.

 

WS 1930/31

Richard Hönigswald nimmt seine Vorlesungstätigkeit an der Universität München auf. Neben den bereits bekannten erkenntnistheoretischen Fragestellungen nimmt die Geschichte der Philosophie einen relativ breiten Raum ein.

 

15.10.1930

Der Professor heiratet Hilde Bohn, die in Breslau bei ihm gehört hat. Trauzeuge ist der Pädagoge Alois Fischer.

 

16.04.1933

Nachdem die berufliche Zukunft Richard Hönigswald durch das so genannte Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 gefährdet ist, das darauf abzielt, Menschen jüdischer Herkunft aus dem Staatsdienst zu entlassen, setzt sich Rudolf Hermann mit einem Rundschreiben an befreundete Kollegen für den Verbleib des Philosophen im Amt ein. Dieses richtet er u.a. an Bruno Bauch, Ludwig Baur, Wilhelm Horn, Adolf Kneser, Max Schneider, Ernst Lohmeyer, Robert Holtzmann, Walther Schönfeld, Ulrich Gerhard, Clemens Schaefer, Rudolf Unger, Michael Wittmann und Georg Wobbermin.

 

25.06.1933

Martin Heidegger votiert in einem Gutachten für die zwangsweise Ruhestandsversetzung Richard Hönigswalds.

 

07.07.1933

Giovanni Gentile setzt sich für den Verbleib des Philosophen im Amt ein.

 

August 1933

Richard Hönigswald reist an den Bodensee, um mit seinem Freund Ludwig Binswanger seine Aussichten zu besprechen, Nachfolger von Willy Freytag zu werden. Dieser war an der Universität Zürich aufgrund seiner nationalsozialistischen Äußerungen entlassen worden, die er im Amt getan hat.
Auch Freund Fritz Medicus, seinerseits längst Professor an der ETH Zürich, ist involviert. Doch die Hoffnungen zerschlagen sich: Zwischen 1933 bis 1939 wird dem Vernehmen nach überhaupt kein deutscher Gelehrter an die Hochschule berufen.

 

13.08.1933

Der Reichsstatthalter in Bayern, Franz von Epp, genehmigt den Antrag der Bayerischen Staatsregierung auf Ruhestandsversetzung Richard Hönigswalds zum 1. September 1933. Als dessen Nachfolger wird Wolfgang Schultz aus Görlitz berufen.

 

1934

Mit der zwangsweisen Ruhestandsversetzung beginnt eine sehr einsame Zeit für Richard Hönigswald. Er flüchtet sich in die Philosophie und verbringt seine Tage meistenteils am Schreibtisch. Es entsteht eine Vielzahl von Schriften, die zunächst noch veröffentlicht werden. Insgesamt aber wird sich zeigen, dass der Philosoph recht hat mit seiner Einschätzung: Einem Großteil seiner Werke scheint, wie er schreibt, „Gutenbergs Sonne“ erst posthum.

 

03.11.1934

Die Tochter Gertrud Maria wird geboren.

 

1938

Die Universität Halle erkennt den philosophischen Doktorgrad ab.

 

16.09.1938

Hilde Hönigswald macht sich auf in die USA, um eine Zuflucht für die Familie zu suchen. Tatsächlich findet sie selbst eine Stelle bei der Spielwarenmanufaktur von Ilse und Josef von Schenk in New York. Für ihren Mann arrangiert sie – mithilfe amerikanischer Freunde – eine Einladung an die Universität Scranton (Pennsylvania), die Voraussetzung dafür, dass er ein Einreisevisum erhalten kann.

 

09.11.1938

Richard Hönigswald wird im Konzentrationslager Dachau interniert. Nach quälenden Wochen der Ungewissheit kommt er am 1. Dezember frei, nachdem ihm – wie vielen anderen Gefangenen – ein Emigrationsversprechen abgepresst worden war.

 

28.03.1939

Die Freunde Fritz Medicus und Ludwig Binswanger sorgen neben anderen dafür, dass die Familie Hönigswald vorübergehend Unterschlupf findet in Braunwald, im Schweizer Kanton Glarus. Hier kommt der Philosoph wieder zu Kräften und führt sogar ein bescheidenes Sozialleben, etwa wenn er Besuch von seinem Verleger bekommt.

 

08.06.1939

Die „Washington“, ein kleineres Schiff, macht in New York fest. Mit an Bord: Richard Hönigswald mit Frau und Tochter. Der Sohn Heinrich bleibt zunächst noch in der Schweiz zurück.